Buchbesprechung von Klaus Feld

Inge Riedel. Die Einwohner von Lebach vor 1815. Saarlouis 2015

Mit seinem Buch „Familien in der katholischen Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit und St. Marien Lebach 1703 1797“ hatte Gerhard Storb 1986 Pionierarbeit in der Familienforschung geleistet. Das Werk war nach knapp 30 Jahren allerdings nicht mehr auf einem aktuellen Stand. Durch die zahlreichen Familienbücher in den Nachbargemeinden wurden viele weitere Familienbeziehungen offen gelegt. Daher ist das neue Buch von Inge Riedel, Die Einwohner von Lebach vor 1815, Saarlouis 2015, zu begrüßen.

Der Umfang des Familienbuches wurde gegenüber Storb durch die Einbeziehung von Falscheid und Eidenborn deutlich ausgeweitet. Auch hat man alle Patenschaften aus den Lebacher Kirchenbüchern eingefügt und damit ein deutliches Defizit des Buches von Storb beseitigt. Zusätzlich wurde die umfangreiche Sekundärliteratur, insbesondere die übrigen saarländischen Familienbüchern und das Buch von Johannes Naumann, Die Herren von Hagen zur Motten, auf Lebacher Betreffe hin ausgewertet und eingearbeitet. Die familienkundlichen Beiträge in den Lebacher Historischen Kalendern wurden ebenfalls einbezogen, leider ohne die Autoren zu benennen. Man bekommt also durch die beiden Bände des neuen Werkes ein großes und nützliches Kompendium der Lebacher Familien für die Zeit der Kirchenbücher.

Die große Schwäche der neuen Bücher zeigt sich, sobald man versucht, in die Zeit vor den Kirchenbüchern, also vor 1703, vorzudringen. Durch die Beschränkung auf die Sekundärliteratur, vor allem aber durch den Verzicht darauf, die insbesondere bei Naumann zahlreich zitierten Originalquellen aus dem Archiv der Freiherren von Hagen zu überprüfen, bieten die Bücher für das 17. Jahrhundert gegenüber Storb keine Verbesserung. So führen Fehler bei Naumann oder in anderen Familienbüchern zu widersprüchlichen oder gar falschen Angaben im neuen Werk.

Widersprüchlich sind zum Beispiel die Angaben zu Johannes Schmidt aus Jabach (Nr. 1061). Seine Frau Gertrud wird hier als Tochter des Peter Neu und einer Maria Knobe (Nr. 856) angegeben. Zugleich werden unter Hans Jakob Bauer aus Jabach (Nr. 41) Akten aus dem Landesarchiv Saarbrücken zitiert, in denen von dessen Tochtermann Hans Schmitt die Rede ist . Beide Male handelt es sich um die gleiche Person. Die Autorin klärt den Widerspruch leider nicht auf. Das Gleiche ist bei Peter Puhl vom Hahn zu beobachten (Nr. 893). In den Anmerkungen werden als seine Eltern Michael Puhl und Margaretha Sattler genannt. Daneben wird aber auch Johannes Naumann, Die Freiherren von Hagen zur Motten S. 427, zitiert, der unter Verweis auf die Akten des Bestandes Schloss Münchweiler im Landesarchiv angibt, dass Peter Puhl der Sohn des Johannes Puhl vom Hahn sei. Welche der beiden Aussagen stimmt? Auch hier begründet die Autorin ihre Entscheidung für die Eltern aus Buprich nicht. Die Familie des Peter Puhl ist übrigens in zwei Urkunden im genannten Bestand Schloss Münchweiler dargestellt. Er selbst starb vor dem 03.10.1735 auf dem Hahn. Seine erste Frau hieß danach nicht Anna Katharina Gross, sondern Anna Jacobs und sie stammte vom Hahn .

Ein Beispiel dafür, dass die Autorin die Originalquellen nicht geprüft hat, ist Kaspar Schäfer (Nr. 972.4). Wie aus der Anmerkung zu seiner Person hervorgeht, haben ihm die Herren von Hagen die untere Herrenwiese in der Merzenbach bei Lebach verpfändet. Hätte man sich die bei J. Naumann zitierte Quelle angeschaut, so hätte man auf der Rückseite des Dokumentes entdeckt, dass 1707 der Lebacher Hochgerichtsmeier Claudius Warcken die Rückzahlung des Darlehens quittiert . Daraus ergibt sich, dass er der Schwiegersohn des Caspar Schäfer ist. Dieser wird zwischen 1659 und 1684 in Rümmelbach genannt. Statt als Sohn ist er eher als Bruder des Hans Schäfer anzusehen. Das legt eine Notiz des St. Wendeler Amtmanns Dhame nahe. Er vermerkt bei der Gebührenübersicht zur Hochgerichtssitzung von 1666 „Caspar Schäfer und Schäffer Petgens Hans von Rimmelbach zu theilen“ .

Ein Beispiel für eine skurrile Interpretation der Angaben bei Johannes Naumann ist die angebliche Ehe eines Jäckel Klein und einer Elisabeth Schreiner (Nr. 625). Diese Ehe hat es nicht gegeben, die angeblichen Ehepartner sind willkürlich zusammengestellt, ihre Familiennamen frei erfunden. Richtig ist, dass Johann Adam von Hagen 1652 eine Liste der steuerpflichtigen Vogteiinhaber der Herrschaft Motten erstellte. Für den Hahn schrieb er unverbunden untereinander vier Vogteiinhaber auf: Johannes Schreiner, Eiden Mathes, Jäckel, Els, klein Elsen Tochter. Johannes Naumann übernahm diese Auflistung, unterließ aber den Hinweis auf klein Elsen Tochter und verband die beiden letzten Namen mit einem „und“ . Aus dieser Angabe bei Naumann schloss die Autorin offensichtlich auf eine familiäre Verbindung. Jäckel vom Hahn wird jedoch als Nikolaus Jakob zwischen 1652 und 1673 auf dem Hahn erwähnt. Er bewohnte den Alt-Michels-Stock und ist vermutlich der Schwiegervater des oben genannten Peter Puhl. Klein Els dagegen bewohnte den Velten Stock auf dem Hahn. Dort stirbt sie 1704. Ihr Schwiegersohn ist Michel Schreiner, der Sohn aus der ersten Ehe des Theobald Schreiner .

Ein Beispiel für eine falsche Zuordnung ist Jakob Schreiner aus Hüttigweiler als Sohn des Theobald Schreiner (1194.3). Zu den Kindern des Theobald Schreiner findet sich in den Akten des Bestandes Schloss Münchweiler eine genealogische Übersicht von 1730:
„Theobaldt Schreiner hat gehabt seine erstere Frau genannt …… undt mit selbiger gezeugt 3 Kinder. Sodann mit der letzten Frauen Magdalena hat gezeugt 4 Kinder…
Dieses seyndt die drey Kinder erster Ehe:
Michel Schreiner zum Hahn im Schumachers Haus.
Gerth Schreiner heyrat Joh. Schäffer zu Lebach.
Käth Schreinerin heyrath Adam Graffen zu Lebach.

Dies seyndt die vier Kinder zweiter Ehe:
Peter Schreiner, gewesener Meyer zum Hahn.
Hanns Adam Schreiner, zog in Ungarn.
Magdalena heyrath Wilhelm Müller, Hirthen von Püttlingen.
Anna Cäth heyrat Mathes Schneider zu Gresaubach.

Obigen Peters Schreiner, des Meyers, Tochter Johannetta heyrath Michel Müller undt besitzt das Haus gleich ihr Vatter gethan hat.“

Jakob Schreiner aus Hüttigweiler kann damit nicht auf Theobald Schreiner vom Hahn zurückgeführt werden.

Dass eine Katharina Paul (1193) die Mutter des Theobald Schreiner gewesen sein soll, ist eine reine Erfindung der Autorin. Der Name einer Ehefrau des Johann Schreiner taucht in den Archivunterlagen des 17. Jahrhunderts in keinem Dokument auf. Ebenso sind Franz Gross und Barbara Wagner als Eltern des kurtrierischen Meiers Johann Nikolaus Gross in Niedersaubach (411) eine nicht belegte Vermutung. Seine Vorfahren ergeben sich aus einer eigenhändigen Bescheinigung des Hans Nickel Groß von 1701. Darin gibt er an, dass er neben dem Schafft für das eigene Haus noch Abgaben zahlt für das Haus des Schäfer Thiel und das Haus des Hachen Nickel. Schäfer Thiel bewirtschaftete eine hagische Vogtei in Niedersaubach. Kurz vor seinem Tod nahm er 1614 eine Güterverschreibung zugunsten seiner Kinder Peter, der im Haus wohnte, und Otilia vor. Otilia war mit Peter Gross verheiratet, der aus Lisdorf stammte und vor 1609 ein Haus in Niedersaubach übernommen hatte . Hier wird er bis 1627 genannt . Hachen Nickel wird zwischen 1600 und 1627 als kurtrierischer Meier in Niedersaubach erwähnt. Sein Nachfolger im Meieramt ist Nikolaus Gross. Er wird zwischen 1659 und 1672 auch als Hochgerichtsmeier in Lebach genannt . Das Amt des trierischen Meiers wird im Haus der Familie Gross von Generation zu Generation weitergegeben bis zur Französischen Revolution.

Die genannten Beispiele lassen sich leider fast nach Belieben weiter fortsetzen. Insgesamt hinterlässt das neue Einwohnerbuch Lebach damit einen zwiespältigen Eindruck. Für die Zeit der Kirchenbücher hat die Autorin eine Fülle an Informationen aus einer Vielzahl von Familienbüchern zusammengetragen und verarbeitet. Für die Zeit vor 1700 hat sie offensichtlich Quellen benutzt, die nur als spekulativ bezeichnet werden können. Diese Quellen hat sie leider nicht zitiert. Familienforscher, die ihre Spitzenahnen in Lebach suchen, können auf die Angaben in diesem Buch nicht vertrauen. Ihnen bleibt nur der Rat, der für die Familienforschung insgesamt gilt: Grundsätzlich sollte man alle Angaben in den Originalen selbst überprüfen.

Klaus Feld, Landsweiler

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